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AKAZIE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
ALM - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
(siehe Wikidata Q27849269)
ALMHÜTTE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
(siehe Wikidata Q2649726)
Anke (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
„Anke(n), (durch Butter ersetzt) Sm ‛Butter’ per. wobd. (8. Jh.), mhd. anke, ahd. anko.
Obwohl nur das Deutsche das Wort bewahrt hat, ist g. *ankwōn m. ‛Fett, Butter’ vorauszusetzen, als Fortsetzer eines ig. (weur.) *ongwen- ‛Salbe, Fett, Butter’ (in verschiedenen Ablautstufen), vgl. l. unguen n. ‛Fett, Salbe’, air. imb ‛Butter’ (*ṇgwen-) zur Verbalwurzel ig. *ongw- ‛salben’ in ai. anákti, l. unguere u.a. Also ursprünglich ‛Salbe, Schmiere’.“ (Kluge, 47)
(auct. Thomas Krefeld)
babeurre (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
baita (vor) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Aus italianistischer Sicht schlägt DELI roa. baita, bait < althochdeutsch wahta vor – ohne jedoch auf das slv. bajta 'schlechtes Haus' einzugehen oder das gsw. (alemannisch) Beiz, bar. Boazn, Beisl 'Kneipe' zu berücksichtigen (der weit verbreitete Typ fehlt leider im SDS, im Idiotikon und im BSA); die genannten germanischen Formen mit ts, s können so nicht erklärt werden.
Aus germanistischer Sicht leitet Kluge 2011, 106 die gsw. (alemannisch) und bar. Formen aus jiddisch bajis 'Haus' < hbo. bajit 'Haus' ab, was nicht zum roa. t passt (vgl. EWD I, 203). Direkte Vermittlung aus dem Hebräischen (ohne jiddische Vermittlung also) ist angesichts des großen Areals und des Bezugs zum bergbäuerlichen Alltag historisch wenig plausibel. Die Semantik der romanischen Formen ('Hütte, Almhütte, Stall' u. Ä.) sowie die slowenischen Belege ('schlechtes Haus') liefern keine Motivationen für die Annahme einer großräumigen Verbreitung einer ursprünglich adstratalen Entlehnung aus dem friaulisch-slowenischen Kontaktgebiet; viel plausibler erscheint die substratale Entlehnung aus dem vorslawischen und vorgermanischen Altromanischen der Ostalpen. Letztlich scheint es sich um ein vorrömisches Alpenwort zu handeln.
(auct. Thomas Krefeld)
banc / banco (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
*barica (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Auf Karte visualisieren)
Barn (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Im etymologischen Wörterbuch Kluge wird nur die Bedeutung 'Krippe, Heustock' angegeben und bleibt damit auf die Bedeutung eines Fütterungsgefäßes beschränkt. In anderen Wörterbüchern hingegen wird auch die Bedeutung eines Gebäudeteils, in dem Futter gelagert wird, bezeichnet (vgl. BWB, DWB, Idiotikon). Auch im Englischen existiert das Nomen barn als "A covered building for the storage of grain; and, in wider usage, of hay, straw, flax, and other produce of the earth. (vgl. OED).
Die Etymologie des Wortes im Deutschen scheint ungewiss. Im Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache wird ein Zusammenhang mit gem. *ber-a- 'tragen' in Erwägung gezogen; dazu gehört vermutlich auch das altenglische (ae.) beren bzw. bere-ærn, dem ae. bere 'Gerste' zugrunde liegt; für letzteres gibt es aber keine Entsprechung im Deutschen.
(auct. Markus Kunzmann)
bassus (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
Beil (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Die Wortform ist im Althochdeutschen als bîhal belegt (vgl. AWB s.v. bîhal) und ist ein „nur deutsches und niederländisches Wort“. Allerdings gibt es in einigen keltischen Sprachen lexikalische Äquivalente, so z.B. im Altirischen bíail, biáil oder Walisischen bwyall, bw(y)ell (vgl. Kluge s.v. Beil).
(auct. Markus Kunzmann)
Bitsche (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das DWB vermutet eine Bildung der slawischen Wörter nach dem deutschen Bottich. Für den Bottich wiederum nennt Kluge, dass es „sicher aus dem romanischen Bereich entlehnt“ worden sei, setzt aber als Etymon eine Kurzform des Wortes apothēca 'Weinkeller' (vgl. Kluge s.v. Bottich), allerdings lässt sich dort auch lesen, dass das Wort genuin oberdeutsch ist. Für die Bitsche selbst kommt jedoch noch eine andere Etymologie in Frage. Im Treccani-Artikel zu bottìglia (vgl. Treccani s.v. bottìglia) wird ein spätlateinisches bŭ(t)ticŭla, ein Diminutiv zu buttis 'Fass', als Etymon angeführt. Auch in schweizerdeutschen Dialekten existiert Butsch (vgl. Idiotikon s.v. Butsch) und das Idiotikon nennt ein rätoromanisches butschin als Kognaten, das ita. botticino entspricht. Geht man von einer fernassimilatorischen Umlautung des Stammvokals durch das /i/ und einer späteren im Bairischen typischen Hebung von /y/ zu /i/, dann könnte so die Bitschn wie sie hauptsächlich in Derviaten wie Millibitschn (vgl. Karte Milchbitsche) zu finden ist, zu erklären sein.
(auct. Markus Kunzmann)
brama (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
*brenta (xxx) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Auf Karte visualisieren)
*brod (gem) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
*brottiare (vor) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
brousse (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
"D'apr. Brüch dans Z. rom. Philol. t. 35, p. 635, GAM. Rom.1t. 1, p. 369, t. 2, p. 38 et Gamillscheg dans Z. rom. Philol. t. 40, p. 148, ce groupe de mots est issu du got. *brǔkja « ce qui est brisé », dér. du got. gabruka « morceau » (FEIST, s.v. gabruka; KLUGE20, s.v. Brocken). E. Schüle dans Pat. Suisse rom., s.v. brochyè, estime au contraire qu'un terme got. peut difficilement s'être implanté dans le vocab. laitier des Alpes, et propose une base préromane *brottiare, d'orig. inconnue.” (vgl. TLFi s.v. brousse 1).
(auct. Thomas Krefeld)
bruma (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
BUTTER - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Der im Alpenraum dominierende Basistyp butyrum (vgl. Georges s.v. būtȳrum), eine antike Entlehnung aus dem Griechischen, bezeichnet bereits im Lateinischen das Konzept BUTTER (vgl. auch: butyru(m)).
Allerdings scheint das Produkt nicht als Nahrungsmittel, sondern vielmehr als Pflege- und Heilmittel gedient zu haben. Columella († um 70 n. Chr.), der sich in seiner Abhandlung über die Landwirtschaft (Res rustica, 7. Buch, Kap. 8) recht ausführlich mit der Milchverarbeitung befasst (vgl. KÄSE), erwähnt sie in diesem Zusammenhang gerade nicht. Dagegen empfiehlt er die Behandlung chronischer (?) Schmerzen mit flüssiger Butter:
"Fere autem omnis dolor corporis, si sine vulnere est, recens melius fomentis discutitur; vetus uritur, et supra ustum butyrum vel caprina instillatur adeps." (Columella 1941, Buch VI, Kap. XII, S. 160).
In englischer Übersetzung:
"Almost all bodily pains, if there is no wound, can in their early stages be better dissipated by fomentation; in the advanced stage they are treated by cauterizations and the dropping of burnt butter or goat’s fat upon the place." (Columella 1941, Buch VI, Kap. XII, S. 161)
Die anderen zum Konzept BUTTER gehörigen Basistypen sind onomasiologisch interessant, da sie ganz unterschiedlich motiviert sind:
- über die fette und cremige Konsistenz, (vgl. die Basistypen lat. pĭngue(m) 'Fett' und lat. ŭnguĕre 'salben, bestreichen' mit der Variante *ungĕre;
- über das Stampfen als Herstellungsverfahren (vgl. Basistyp lat. *pisiāre 'zerstampfen');
- über das Auslassen als elementare Technik der Konservierung (vgl. Basistyp deu. Schmalz vom Verb schmelzen).
(auct. Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
(siehe Wikidata Q34172)
butyru(m) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
τὸ βούτυ̅ρον bezeichnet im Griechischen das "Fett der Milch" (τὸ πῖον τοῦ γάλακτος [Corpus Hippocraticum]). Im Corpus Hippocraticum (einer Sammlung medizinischer Texte, deren Entstehung vom 6. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr. reicht) wird geschildert, wie die Skythen Butter aus Stutenmilch herstellten (Corp. Hipp., Morb. 4, 20). Das dort beschriebene Verfahren ist dabei genau so, wie es bisweilen auch heute noch verwendet wird: Angeblich hätten die Skythen die Stutenmilch in ein Fass (hohle Gefäße aus Holz: ἐς ξύλα κοῖλα) gegeben und dieses dann geschüttelt. Im Corpus Hippocraticum wird nicht gesagt, wozu die Skythen die Butter verwendeten (etwa als Lebens- oder als Heilmittel).
So wie schon im Corpus Hippocraticum entsteht auch bei Plinius dem Älteren der Eindruck, dass Herstellung und Verwendung von Butter als etwas typisch "Barbarisches" empfunden wurde (NH 28, 35: e lacte fit et butyrum, barbararum gentium lautissimus cibus et qui divites a plebe discernat). Das mag damit zusammenhängen, dass im mediterranen Lebensraum der Griechen und Römer das Olivenöl als Speisefett dominant war (und ist). Im griechisch-römischen Bereich scheint Butter daher weniger als Lebens-, sondern überwiegend als Heilmittel verwendet worden zu sein. Jedenfalls finden sich die Belege für βούτυ̅ρον/butyrum nicht selten im Kontext medizinischer Fachliteratur (neben Hippokrates u.a. bei Celsus und Galen), auch Plinius der Ältere beschreibt den Einsatz von Butter als Heilmittel (etwa gegen Nackenschmerzen: NH 28, 52).
Neben dem Neutrum βούτυ̅ρον kennt das Griechische auch eine maskuline Variante ὁ βούτυ̅ρος. Sowohl das Neutrum wie auch das Maskulinum sind auf der drittletzten Silbe betont (Proparoxytona). Das Lateinische hat das Wort offenbar aus dem Griechischen übernommen (butyrum).
Beim Basistyp butyru(m) sind zwei Akzentvarianten zu unterscheiden:
- paroxytones lat. butӯru(m), auf das der ita. Typ butirro zurückgeht (vgl. DELI 179);
- lat. bútyru(m) mit von grc. βούτυ̅ρον ererbtem Initialakzent; daraus hat sich fra., fro. bure bzw. fra. beurre entwickelt. Dieser Typ wurde ins Italienische entlehnt und ergab auch ita. burro (vgl. DELI 178).
Im Alpenraum scheint also der Typ butyrum die auf lat. unguere / *ungere 'schmieren' zurückgehenden Bezeichnungen weithin verdrängt zu haben.
(auct. Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
cabane / capanna (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Die phonetischen Varianten dieses morpho-lexikalischen Typs lassen sich auf Grund der folgenden Kriterien zu Typen gruppieren:
(1) Varianz des Wortanlauts:
- [k-] erhalten; vgl. fra. cabane;
- [k-] palatalisiert:
- [k-] > [ts-]; vgl. frp. tsˈăvănə
- [k-] > [tɕ-]; vgl. engadinisch chamanna;
- [k-] > [ʧ-]; vgl. frp. ʧavˈaːna
- [-p-] erhalten; vgl. ita. capanna;
- [-p-] geschwächt:
- - Sonorisierung [-p-] > [b-]; vgl. fra. cabane;
- - Sonorisierung und Spirantisierung [-p-] > [v-];
- - Sonorisierung [-p-] > [b-]; vgl. fra. cabane;
- [-a];
- [-ə];
- [-e];
- [-o].
(auct. Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
*cala (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
capănna(m) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das zu Grunde liegende lat. capanna ist laut FEW II, 246 nur ein einziges Mal (bei Isidor) belegt; "sein Ursprung ist dunkel" (FEW II, 244). Die Formen mit -m- bilden eine alpine Variante; vgl. DRG 3, 336-339. Zur Semantik der roh. Formen heisst es: "In der Bedeutung 'Hütte, einfaches, armseliges Haus' nimmt das heute literarisch gefärbte camona eine Mittelstellung ein zwischen fam. --> baita DRG (2,76) 'Baracke, verfallenes Haus, schlechte Hütte' und --> teja 'Hütte, Senn-, Alphütte'. Vgl. auch --> fögler" (239).
(auct. Thomas Krefeld)
*cappellus (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
caput (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
caschiel (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
caseāria (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
caseu(m) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
cautum (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
cellārium (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Allerdings ist die Phonetik der alemannischen und bairischen Formen schwierig, da sie keinen Reflex der romanischen Palatalisierung des initialen [k-] zeigen. Dieses Problem stellt sich jedoch nicht nur für den süddeutschen, sondern für den gesamten frühen lateinisch-romanisch/deutschen Entlehnungsraum, wie das Nebeneinander der verschobenen (deu. Zwiebel < lat. *cēpŭlla [REW 1820]) und unverschobenen Formen (deu. Kiste < lat. cĭsta 'Korb', deu. Wicke < lat. vĭcia) zeigt. Man beachte in diesem Zusammenhang auch den Flussnamen deu. Neckar < lat. Nicer (vgl. RE, XVII,1 und dKP, 4, 88), ohne jede Palatalisierung. Dieser Name wurde mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vor 260-280 n.Chr. entlehnt, da die rechtsrheinischen Gebiete der Germania superior, einschließlich des gesamten Neckarlaufs in dieser Zeit aufgegeben wurden; es ergibt sich damit also ein terminus post quem für die Palatalisierung im nordalpinen Imperium oder, vorsichtiger gesagt, für ihre generelle Durchsetzung. Denn angesichts des grundsätzlich hohen Alters der romanischen Palatalisierung ist es nicht überzeugend, hier nur mit dem Zeitpunkt der Entlehnung zu argumentieren. Vielmehr sollte man damit rechnen, dass unverschobene, konservative und verschobene, innovative Varianten über einen langen Zeitraum im Frühromanischen nebeneinander bestanden. Man beachte, dass sich der Plosiv ja keineswegs nur im früh romanisierten, isolierten und recht weit entfernten Sardisch erhalten hat (vgl. die bekannten Beispiele wie srd. kentu 'hundert' < lat. centu[m] usw.), sondern auch im Dalmatischen existiert zu haben scheint – in diesem Fall ist die Entfernung zum Alpenromanischen nicht mehr sehr groß (vgl. dalmatisch kapula < lat. *cēpŭlla [REW 1820]).
(auct. Thomas Krefeld)
chalet (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
chamona (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Stephan Lücke)
clarus (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
coagŭlum (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das zunächst transitive Verb lat. coagulare 'zum Gerinnen bringen' wird seit dem 5. Jahrhundert auch intransitiv in der Bedeutung von ‘gerinnen’ benutzt. Es ist im gesamten romanischen Gebiet anzutreffen, wie beispielsweise fra. cailler, ita. quagliare (vgl. FEW 2, 816-820, s.v. coagulare).
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
cohortem (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Varro referiert zwei für ihn plausible Herleitungen des Wortes cohors: Entweder hänge es zusammen mit dem Verb coorior und bezeichne demnach den Ort, um den herum das Vieh sich "versammle" (so die Übersetzung von R.G. Kent [Varro. On the Latin Language, Volume I: Books 5-7. Translated by Roland G. Kent. Loeb Classical Library 333. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1938]; diese Bedeutung ist nur schwer mit den anderen bei Georges belegten Bedeutungen bzw. überhaupt mit der Grundbedeutung des simplex oriri in Einklang zu bringen), oder es bestehe ein Zusammenhang mit dem griechischen χόρτος, das seinerseits wohl mit lat. hortus zusammenhängt (Varro, De Lingua Latina 5,88: cohors quae in villa, quod circa eum locum pecus cooreretur, tametsi cohortem in villa Hypsicrates dicit esse Graece χόρτον apud poetas dictam). Sowohl hortus wie auch χόρτος haben ursprünglich eine ganz ähnliche Bedeutung wie cohors (zu χόρτος vgl. z.B. Il. 11, 774 oder 24, 640).
(auct. Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
colare (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
crama (vor) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Der lexikalische Typ deu. Rahm wird hier ebenfalls zum Basistyp crama gestellt; es wird also auf Grundlage der alpinen Sprachkontaktverhältnisse eine neue Ableitung vorgeschlagen. Im Kluge 2011 wird die Wortgeschichte aus indogermanistischer Sicht folgendermaßen skizziert:
Rahm S[.]m ‛Sahne’ std. (11. Jh.), mhd. roum, mndd. rōm(e)[.] Aus wg. *rauma- m. ‛Rahm’, auch in ae.rēam; im Ablaut dazu anord. rjúmi. Falls von *raugma- auszugehen ist, vergleicht sich avest. raoγna- n., raoγniiā- f. ‛Butter’. Weitere Herkunft unklar. Die neuhochdeutsche Form beruht auf einer Mundart, die mhd. ou zu ā entwickelt hat. Wo Rahm gegen Sahne semantisch differenziert wird, bezieht es sich eher auf den sauren Rahm. Präfixableitung: entrahmen; Partikelableitung: abrahmen. Ebenso nndl. room." (Kluge 2011, online s.v. Rahm 1)
In diesem Ansatz werden die dialektalen Verhältnisse ausgeblendet; es muss jedoch berücksichtigt werden, dass im romanischen Alpenraum, und zwar unmittelbar südlich der germanisch-romanischen Sprachgrenze, der Typ fra. crème | ita. crema weit verbeitet ist.
Die zugehörigen phonetischen Typen mit den Tonvokalvarianten [æ], [e], [o] und [a] führen ganz selbstverständlich auf eine gemeinsame Ausgangsform [a] zurück, denn die Hebung von betontem /a/ > [e] bzw. > [æ] in offener Silbe und die Rundung /a/ > [o] vor Labial sind vollkommen unauffällig. Es ergibt sich somit ein Basistyp crama, der ursprünglich wohl aus dem Gallischen (d.h. aus dem Keltischen) stammt (vgl. FEW 2, 1271-1274, s.v. crama); das Wort ist übrigens bei Venantius Fortunatus (*540-600/610) belegt, der in Valdobbiadene, d.h. am südöstlichen Alpenrand nördlich von Treviso geboren wurde. Es wäre nun wenig plausibel, das gemeinsame Areal der synonymen Typen von deu. Rahm und roa. crama aus einem zufälligen Zusammentreffen zu erklären. Vielmehr sollte der deutsche zum selben gallo-romanischen Basistyp geschlagen werden.
Die Reduktion des Anlauts lat.-roa. [kr-] > deu. [r-] ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass "im d. h- vor Konsonant im 9. jh. schwindet" (FEW 16, 249, s.v. *hrokk), wie zahlreiche analoge Formen belegen. In der frühen Zeit des germanisch-romanischen Sprachkontakts muss die Variante [hr-] noch existiert haben, denn fra. froc 'Kutte' kann nicht auf althochdeutsch roc, sondern nur auf hroc mit Substitution des laryngalen durch den labiodentalen Frikativ zurückgehen. So auch Kluge:
"Rock[.] Sm std. (9. Jh.), mhd. roc, rok, ahd. (h)roc, as. rok [.] Aus wg. *rukka- m. ‛Rock’, auch af. rokk. Außergermanisch vergleicht sich air. rucht ‛Tunika’, kymr. rhuchen ‛Mantel’. Alles weitere ist unklar. Es besteht auch eine Variante mit Anlaut hr- in ahd. hroc, as. hroc, afr. hrokk, die vermutlich über das Französische zu Frack (vgl. Kluge 2011, online, s.v. Frack) geführt hat. Ebenso nndl. rok." (Kluge 2011, online, s.v. Rock)
Ebenso erklärt sich das Nebeneinander von eng. horse neben deu. Ross g. *hrussa (vgl. Kluge 2011, s.v. Ross) und deu. röcheln neben nisl. hrygla ‛Rasseln in der Kehle’, lav. kraũkât ‛husten, Schleim auswerfen’ ine. *kruk- ‛schnarchen, röcheln, grunzen’ (vgl. Kluge 2011, s.v. röcheln und ähnlich).
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
*crassia (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Im Alpengebiet gehen aus diesem Basistyp vereinzelt Bezeichnungen für den RAHM, also den fetthaltigen Teil der Milch hervor.
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
crŭsta (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Stephan Lücke)
Eimer (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Neben den deutschsprachigen Belegen sind Kognaten auch in den slowenischen Dialekten zu finden, hier hauptsächlich in der Bedeutung 'Eimer' z.B. ajmar oder ajmarelj, ejmpar, jempa, lambar und lempa (vgl. Karte Eimer). Verwandte Wortformen finden sich im ganzen östlichen Alpenraum, vor allem als Lehnwort in den slowenischen Dialekten. Gerade die phonetische Realisierung als /empar/, die sich aus den Belegen des SLA erschließen lässt, zeigt die Vermittlung des Worttyps über das Bairische, wo man ebenfalls vom Empa spricht. Die Wörterbücher (vgl. DWB: s.v. Eimer; EWBD: s.v. Eimer) sehen das ahd. eimbar (vgl. AWB: s.v. Eimer) als eine Ableitung aus dem lat. amphora, das wiederum aus dem gr. amphoreús entlehnt wurde (vgl. Kluge: s.v. Eimer).
(auct. Markus Kunzmann)
*excŏcta (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Man beachte jedoch, dass im Ladinischen zwei phonetische Typen koexistieren:
(a) mit anlautendem [ʃk-] (vgl. [ʃkota] in Livinallongo), wie auch in Friaul;
(b) mit anlautendem [tʃ-] (vgl. [tʃot(e)] im Rest der Sella-Ladinia).
Bei (b) scheint es sich um eine Rückentlehnung aus dem Südtiroler Bairischen zu handeln (vgl. EWD II, 199-200).
Der Basistyp ist jedoch in semantischer Hinsicht bemerkenswert, denn er liefert ein charakteristisches Beispiel metonymischer Polysemie: Er bezeichnet die beiden Produkte, die bei der Gerinnung der Milch bzw. der Molke durch Erhitzen und Auskochen (lat. EXCOQUERE) entstehen, nämlich die Flüssigkeit einerseits und die Käsemasse bzw. den Ziger und die aufsteigenden Eiweißteilchen andererseits (vgl. auch VALTS IV, 204).
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
exsūctus (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
flōrem (flōs) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Ausgehend von 'Blüte' bezeichnet flōs oft den DEN BESTEN, SCHÖNSTEN TEIL EINER SACHE, so etwa in lat. flos aetatis ‘die Blüte der Jahre, die Jugendkraft, Jugendfülle’ (vgl. Georges, s.v. flōs), einem Ausdruck, der sich bis ins Romanische erhalten hat (wie in fra. la fleur de l´âge ‘die Jugend’; vgl. FEW, 3, 630-638, s.v. flōs). Ähnlich motiviert sind fra. fleur de la farine ‘la partie la plus fine de la farine’, ita. fior della farina, engadinisch flur d´farina oder gsw. (schweizerdeutsch) Blume (vgl. FEW, a.a.O.). Ebenfalls ausgehend von 'Blüte' erklären sich Bedeutungen, die mit der OBERFLÄCHE, dem HÖCHSTEN PUNKT von Dingen zu tun haben, wie in fro., frm. à fleur de ‘à la surface, au niveau de’.
Beide semantische Dimensionen ('gut' und 'oben') motivieren womöglich gemeinsam die Bezeichnung des Konzeptes RAHM, die sich bereits im Lateinischen entwickelte (flos lactis ‘Rahm’) und auch heute noch im Untersuchungsgebiet gut belegt ist (vgl. auch ita. fior di latte 'Rahm'). Dementsprechend sind auch Verben wie fra. défleurer oder neuokzitanisch sanflurá, sonflurá 'abrahmen' leicht zu verstehen (vgl. FEW, a.a.O.).
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
Gaden (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das Wort ist als Neutrum seit althochdeutscher Zeit als gadum oder gadem belegt. Über ein Wort für 'lassen' oder 'freilassen' wird ein Zusammenhang mit Wörtern anderer indoeuropäischer Sprachen hergestellt, für das Germanische wird *ǵhə-t-mo- für ‛freier Raum, leerer Raum’ angesetzt (vgl. Kluge 2011, online s.v. Gaden). Auch im Dänischen bedeutet gade 'Straße', also den freien Raum zwischen den Häusern.Gaden bzw. Gadem galt schon im 19. Jahrhundert als veraltet, wie der Blick ins Grimm'sche Wörterbuch zeigt. Zu dieser Zeit war das Wort noch sowohl als Neutrum als auch als Maskulinum vorhanden (vgl. DWB s.v. Gadem).
(auct. Markus Kunzmann)
Geiß (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
Gepse (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Marina Pantele)
GRASERNTE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Markus Kunzmann)
gumьno (sla) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
Hacke (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Laut Kluge ist Hacke eine Instrumentalbildung zum Verb hacken (vgl. Kluge s.v. Hacke). Der Typ beschränkt sich auf die westgermanischen Sprachen (ahd. hackōn, mnd. hakken, mhd./mnl. hacken, nl. hakken, aengl. -haccian, eng. to hack) (vgl. DWDS s.v. hacken). Hacke in der Bedeutung 'Ferse' fehlt im Oberdeutschen sowie im Mittelhochdeutschen, ggf. aus dem Grund, dass dort hierfür die Wortform Ferse verwendet wird.
(auct. Markus Kunzmann)
HAUT, AUF DER MILCH, BEIM ABKÜHLEN, NACH DEM KOCHEN - Konzept (Auf Karte visualisieren)
hiša (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
HÖHLENBURG KLOPFENSTEIN ZWISCHEN WALTENSBURG UND BRIGELS - Konzept (Auf Karte visualisieren)
iŭncus (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
Jauche (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Marina Pantele)
KÄSE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Vorbemerkung
Unter diesem Konzept werden ausschließlich die Milchprodukte zusammengefasst, die aus den Feststoffen bestehen, die sich bei der ersten Scheidung der Milch (auf Grund der Gerinnung) ergeben. Aus der ebenfalls entstehenden Flüssigkeit (MOLKE) können durch eine zweite Gerinnung wiederum Feststoffe gewonnen werden, die ein käseähnliches Milchprodukt ergeben, das ita. als ricotta, gsw. (alemannisch) als Ziger und im Deutschen manchmal ein wenig irreführend als 'Molkenkäse' bezeichnet wird: Im Unterschied zum eigentlichen Käse enthält der ZIGER jedoch kein Kasein, sondern ein anderes Eiweiß (Albumin).Sachgeschichte
Im HLS wird darauf hingewiesen, dass die Käserei mit Lab, gemeint ist offensichtlich die Käseherstellung unter Zusatz eines Gerinnungsmittels (das nicht unbedingt dem tierischen Lab entsprechen muss) womöglich nicht überall in antiker Kontinuität steht: "Aus sprachwissenschaftl. Sicht (Käse von lat. caseus) ist denkbar, dass die Römer die Kunst des Verkäsens von fetter Milch mit Lab zu einem haltbaren, gesalzenen Fettkäse gekannt und über die Alpen in die keltischen Gebiete gebracht haben. Käse war bereits in der Antike ein alpines Exportprodukt Rätiens. Mit dem Rückzug der romanischen Kultur verschwand im HochMA die Herstellung von Labkäse im alemannischen Gebiet, doch blieben die Produktionskenntnisse in den romanischen Gebieten wahrscheinlich erhalten. Quellen des 13. bis 14. Jh. aus dem Unterwallis und Greyerzerland weisen auf Fettkäseproduktion hin. Die archäologischen Untersuchung ma., alpiner Temporärsiedlungen (bisher v.a. Innerschweiz) brachte Einrichtungen zum Bereiten und Lagern des Käses zutage, so Unterlagen zum Käsepressen, nach Art der Trulli errichtete Milch- und Käsespeicher, Felsklüfte, die als Lagerräume gedient haben mochten. Auf Bergeten im glarner. Braunwald wurde ein Felskeller mit Wasserkühlung entdeckt. Unbekannt bleibt die Art des hier produzierten Käses." (Dominik Sauerländer/Anne-Marie Dubler). Dazu ist allerdings festzuhalten, dass es eine deutlich breitere und auch anders gelagerte sprachwissenschaftliche Evidenz für eventuelle Kontinuität gibt. Vor allem scheint es, als hätten die Römer ihrerseits bereits von vorrömischer Alpenbevölkerung spezielle Techniken der Milchverarbeitung übernommen. Offenkundig vorlateinisch sind die Bezeichnungen Senn, Ziger, Brente, Tomme. Eine andere Schicht ist lateinisch (Schotten, Gebse, Käse; vgl. Hubschmid 1951). Die Archäologie bestätigt mittlerweile das hohe Alter der alpinen Milchverarbeitung, denn sie liefert "Belege einer eigentlichen Alpwirtschaft am Ende des 2. bzw. im frühen 1. Jahrtausend v.Chr." (Reitmaier 2016, 28; vgl. auch Carrer 2012 und Carrer et al. 2016).
Eine für die römische Milchverarbeitung und für einige einschlägige Bezeichnungen aufschlussreiche Stelle findet sich in der Historia naturalis des Plinius; nachdem die Milcharten unterschiedlicher Lebewesen (einschließlich des Menschen) angesprochen wurde, heißt es:
"[...] omne autem igne spissatur, frigore serescit. bubulum caseo fertilius quam caprinum, ex eadem mensura paene altero tanto. [...]
Coagulum hinnulei, leporis, haedi laudatum, praecipuum tamen dasypodis, quod et profluvio alvi medetur, unius utrimque dentatorum. mirum barbaras gentes quae lacte vivant ignorare aut spernere tot saeculis casei dotem, densantes id alioqui in acorem iucundum et pingue butyrum. spuma id est lactis concretior lentiorque quam quod serum vocatur; non omittendum in eo olei vim esse et barbaros omnes infantesque nostros ita ungui." (Plinius 1906, 11, 96, 238 f.)
"All milk is made thicker by fire and turned into whey by cold. Cow’s milk makes more cheese than goat’s milk, almost as much again from the same quantity. [...] The curds of the roebuck, hare and goat are praised, but that of the rabbit is the best, and is even a cure for diarrhoea—the rabbit is the only animal with teeth in both jaws that has this property. It is remarkable that the foreign races that live on milk for so many centuries have not known or have despised the blessing of cheese, at most condensing their milk into agreeable sour curds and fat butter. Butter is a foam of milk of thicker and stickier substance than what is called whey; it must be added that it possesses the quality of oil and is used for anointing by all foreigners and by ourselves in the case of children." (Plinius 1906)
Wir erfahren hier zunächst die besondere Wertschätzung der KUHMILCH (lac bubulum) für die Käseherstellung. Ferner wird caseus in Zusammenhang mit dem tierischen coagulum (vgl. coagŭlum) gebracht, bei dem es sich an dieser Stelle wohl nur um LAB handeln kann; caseus ist daher kein generischer Ausdruck für Milchprodukte, sondern für LABKÄSE. Caseus wird ja auch in Gegensatz zu acorem iucundum und butyrum gestellt – zu zwei Produkten, die charakteristisch für die barbaros (und damit nicht für die Römer) sind. Diese beiden Bezeichnungen sind nicht ganz klar; immerhin spricht nichts gegen eine Deutung von butyrum im Sinne von 'Butter'. Auf welche Art von Sauermilchprodukt sich dagegen acorem iucundum bezieht, bleibt ein wenig fraglich; der Gedanke an BUTTERMILCH liegt nahe. Schließlich nennt Plinius mit serum die Bezeichnung der MOLKE; entsprechende Kognaten sind im VA-Material in den piemontesischen Westalpen gut belegt.Eine detailliertere Beschreibung der Käseherstellung gibt Columella (7. Buch, Kap. 8); dort werden zusätzlich zum tierischen Lab auch pflanzliche Gerinnungsmittel (u.a. Färberdistel und Saft aus der Feigenbaumrinde), Gefäße (mulctra 'Melkgefäß') sowie Körbe zum Formen (fiscella, calathus, crates) erwähnt. Vor allem beschreibt Columella jedoch wichtige Phasen des Käsens, insbesondere das Salzen, Pressen und Formen (s.u.). Er stellt auch den besonderen Wert des konservierbaren, reifen Käses heraus: "potest etiam trans maria permitti" ('er kann über das Meer verschickt werden'; Columella a.a.O. Kap. 6).
Generische Bezeichnungen des Konzepts
Der im deutschsprachigen VA-Gebiet so gut wie ausschließlich geltende morpho-lexikalische Typ Käse geht zweifellos auf lat. caseus zurück, das im romanischsprachigen VA-Gebiet dagegen nur sehr wenige Fortsetzungen findet, nämlich im Dolomitenladinischen; weiter verbreitet, vor allem im Bündnerromanischen, sind Kognaten des lat. Diminutivs caseolus. Anstatt lat. caseus dominieren im romanischsprachigen VA-Gebiet einerseits das vorlateinische, wie es scheint keltische tuma in den französischen und frankoprovenzalischen Westalpen, sowie das lateinische formaticus, dessen unmissverständliche Motivation aus dem Partizip von lat. formare, darauf hinweist, dass es ursprünglich wohl eine spezifizierte Bezeichnung des geformten und reiferen Käses gewesen sein muss, die dann verallgemeinert wurde.Da dieser Typ im deutschsprachigen Raum vollkommen zu fehlen scheint, muss man annehmen, dass er sich im Romanischen erst verbreitet hat, nachdem der Sprachwechsel zum Deutschen im nord- und ostalpinen Raum weitestgehend vollzogen war. Slowenisch sir 'Käse' setzt offenkundig die von Plinius genannte Bezeichnung der 'Molke', lat. serum, in metonymisch verschobener Bedeutung fort.
(auct. Thomas Krefeld)
(siehe Wikidata Q10943)
kajža (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
Kessel (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das nhd. Kessel wird auf den Diminutiv des lat. catinus (vgl. Georges s.v. catīllus), der catīllus lautet, zurückgeführt. Eine Entlehnung aus dem Lateinischen muss früh erfolgt sein, denn schon im Gotischen ist katil(s) (vgl. Wulfila, Mk 7, 4) und in vielen anderen germanischen Sprachen ist es als Bezeichnung für ein Metallgefäß belegt (vgl. DWB s.v. Kessel; DWDS s.v. Kessel; Kluge s.v. Kessel).
(auct. Markus Kunzmann)
kotel (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
koza (sla) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
koza (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
Kreister (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Denkbar wäre eine Herleitung aus lat. crista, das in erster Linie 'Kamm' bedeutet. Die auf den ersten Blick undurchsichtige Etymologie gewinnt dann an Substanz, wenn man dabei bedenkt, dass sich daraus auch Wörter in der Bedeutung 'Rahm' oder 'Bergkamm' herleiten (vgl. ita. cresta, fra. crète und die sich aus dem semantischen Bestandteil 'oben auf' erklären könnten. In einfachen Almbehausungen fanden oft Truhen, in denen Gerätschaften gelagert wurden, auch als Schlafvorrichtungen verwendet.
(auct. Markus Kunzmann)
Kübel (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Das Wort ist im Althochddeutschen als kubilo seit dem 10. Jh. bezeugt (vgl. AWB: s.v. kubilo). Vor allem in den Weinbaugebieten des südlichen Alpenrandes wurde mit lat. cūpa ein großes hölzernes Gefäß bezeichnet. Von Oberitalien aus gelangte die Wortform dann in den oberdeutschen Raum und wurde wahrscheinlich über das altprovenzalische *cubel 'kleiner Bottich' (vgl. EWBD: s.v. Kübel) entlehnt, das in der Form zwar nicht belegt ist, aber in Ableitungen wie cubelot oder mittellateinisches cubellus auftaucht (vgl. FEW: s.v. cūpa). Damit zusammen hängt auch lat. cūpella 'Trinkgefäß, Getreidemaß', das Kluge als Etymon nennt (vgl. Kluge: s.v. Kübel). Kübel-Derivate finden sich im gesamten Raum der Ostalpen (vgl. Karte Kübel).
(auct. Markus Kunzmann)
Kuh (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
LAB - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
(siehe Wikidata Q326900)
lacciata (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Beatrice Colcuc)
lăcte(m) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Stephan Lücke)
lonьcь (sla) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
magiostra (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Beatrice Colcuc)
Mahd (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Markus Kunzmann)
mascarpa (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
Mist (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Marina Pantele)
MITTEL ZUR GERINNUNG - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Als Gerinnungsmittel werden häufig Substanzen aus dem Magen von noch saugenden Jungtieren wie Kälbern, Lämmern oder Zicklein verwendet. Speziell aus dem Kälbermagen wird etwa das Gerinnungsmittel Lab gewonnen, dessen gerinnungsaktive Komponente das Labenzym Chymosin ist. Neben diesen tierischen Produkten können auch andere Substanzen wie z.B. Säuren (Zitronen-, Essig-, etc.) als Gerinnungsmittel verwendet werden. Entsprechende Wirkung wird auch durch das Rühren der Milch mit Zweigen vom Feigenbaum und das darin enthaltene Enzym Ficain erzielt. Dieses Verfahren wurde schon in der Antike angewendet, wie Plinius der Ältere gleich an mehreren Stellen in seiner Naturalis Historia berichtet (z.B. NH 23, 63 ed. Loeb: Fici sucus lacteus aceti naturam habet, itaque coaguli modo lac contrahit. NH 23, 64, ed. Loeb: Caprificus etiamnum multo efficacior fico; surculo quoque eius lacte coagulatur in caseum.). Im 19. Jh. ließ man wenigstens in Teilen Spaniens die Milch durch Rühren mit Feigenzweigen gerinnen (vgl. P. Ascherson / P. Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora, Bd. 4, Leipzig 1908-13, S. 593: "Der Milchsaft der Feige enthält ein Enzym, welches ähnlich dem von Carica papaya Proteinsubstanzen löst, vergl. Bouchu Journal de pharm. II. 1880. 164. Er wurde schon im Alterthum und wird noch heute in Spanien nach Wolffenstein bei Wittmack (Sitzb. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenb. XX [1878] 31) zum Gerinnen der Milch bei der Käsebereitung wie Lab benutzt").
(auct. Stephan Lücke)
MOLKE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Stephan Lücke)
(siehe Wikidata Q185009)
muaglia (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Dadurch, dass muaglia nicht nur das Individuum, sondern auch das Kollektiv und darüberhinaus nicht nur die *KUH*HERDE bezeichnet, ist ausgeschlossen, dass der Typ mit lat. mulgēre, MELKEN, in Verbindung zu bringen ist. Vielmehr ist ein Zusammenhang mit lat. mōbilia (n. Pl.) hergestellt worden (FEW s.v. mobilis [S. 4]) und wahrscheinlich. Die Bezeichnung hebt demnach auf die Beweglichkeit des Viehbestands ab und dürfte als Komplement zum nicht beweglichen Eigentum, den Immobilien, zu verstehen sein. Auch das im Unterengadin begegnende muvel, das dort das VIEH bezeichnet, wird gleichfalls mit lat. mōbilis in Verbindung gebracht (FEW a.a.O.).
(auct. Stephan Lücke)
mucca (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
Der seit 1513 und bis ins frühe 20. Jh. hinein jeweils im Oktober stattfindende Viehmarkt von Lugano (sog. "Fiera Grossa") versorgte ganz Oberitalien mit Vieh aus der Zentral- und Ostschweiz sowie dem angrenzenden Österreich (s. HLS s.v. Lugano [3 – Neuzeit]). Es kann durchaus sein, dass auch toskanische Bauern auf den Viehmarkt von Lugano gekommen sind (s. Tommaseo/Bellini a.a.O.). Insofern ist es tatsächlich vorstellbar, dass sich aus einer im Tessin auftretenden schweizerdeutschen Bezeichnung ein toskanisches Wort entwickelt hat. Möglicherweise stellt mucca jedoch auch einen Synkretismus von vacca und mungere, MELKEN, dar (s. Hall 1940; vgl. auch Tommaseo/Bellini, a.a.O.). Das von Tommaseo/Bellini a.a.O. auch als möglichen Ursprung von mucca angegebene grc. Μυκάω, MUNGERE, ist im LSJ nicht nachgewiesen. Die dort verzeichnete mediale Form μῡκάομαι bedeutet BRÜLLEN oder DRÖHNEN und ist demnach semantisch nicht mit MUNGERE/MELKEN in Verbindung zu bringen.
(auct. Stephan Lücke)
Mugg (gem) - Basistyp (Auf Karte visualisieren)
(auct. Stephan Lücke)
mŭlgēre (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Ein Zusammenhang mit Malga liegt semantisch nahe, ist jedoch wegen des anderen Tonvokals phonetisch problematisch.
Das deu. melken geht – wie dann wohl auch lat. mulgere und grc. ἀμέλγειν – laut Kluge, 614 auf ine. *melǵ- 'melken' zurück.
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
muvel (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
(auct. Stephan Lücke)
*nīta (vor) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
Odel (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Marina Pantele)
pannus (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
pasteur / pastore (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
pellīcia (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Man beachte, dass die alemannischen Formen durchweg maskulin sind, während das romanische pleʧɑ 'Rahm' (im graubündnerischen Münstertal) feminines Genus aufweist und insofern dem fra. pelisse und ita. pelliccia 'Pelz' entspricht (vgl. FEW, 8, 162-164, s.v. pĕllīceus). Bei den alemannischen Formen scheint es sich daher um sekundäre Entwicklungen einer im Genus bereits adaptierten Entlehnung des deu. Typs Pelz zu handeln (der natürlich letztlich auch auf lat. pĕllīceus zurückgeht; vgl. Kluge, 692) und nicht um Relikte aus dem lokalen romanischen Substrat, die ja im Genus eher dem genannten femninen pleʧɑ entsprechen müssten.
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
pĕllis (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
piéria (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
- 305 (San Vigilio di Marebbe): la pyéyura\t
- 313 (Penía): ampyéria, ampiéries\t
- 314 (Colfosco): ls pírias (Pl.)\t
- 315 (Arabba): la pyéria\t
Kramers EWD bestätigt die AIS-Belege und nennt weitere, nach Erscheinungsdatum aufgelistete Ausdrücke aus verschiedenen ladinischen Ortschaften, die mit dem Typ piéria verwandt sind.
Der hier behandelte morpho-lexikalische Typ hängt mit dem goh. Basistyp peri/beri zusammen (vgl. EWD 5, 277-278), der dem heutigen deu. Beere entspricht. Die ladinischen Bezeichnungen für Erdbeere können also als Lehnwörter betrachtet werden.
Im Ladinischen haben sich diese Ausdrücke im Wesentlichen aus zwei Sprachprozessen herausgebildet: einerseits durch einen morphologischen Prozess, wobei der Basistyp mit einem Suffix versehen wurde und andererseits durch einen phonologischen Prozess, im Laufe dessen sich die Tonvokale e zum Diphthong ie entwickelt hat. Was der erste Prozess betrifft, so kann man, je nach Lokalvarietät, die Suffigierung von -ICA > -ia (gadertalisch und buchensteinisch pīria), -ULA > -ora (nord gadertalisch pìriora) und -INA > ena (Kampill pírghena) annehmen (vgl. EWD 5, 277-278). Der Diphthongierungsprozess von e zu ié ist in den ladinischen Varietäten üblich. Was die fassanischen Varietäten betrifft, so wurde dem Basistyp auch den Präfix AMP- angehängt (oberfassanisch ampyéria) (vgl. EWD 5, 277-278).
Der hier behandelte morpho-lexikalische Typ ist nicht zu verwechseln mit den oberitalienischen Bezeichnungen des Trichters píria, impíria, inpíria oder mit den zentralitalienischen Formen pétria, pítria, pítriola. Obwohl die beiden Formen piéria ('Erdbeere') und píria ('Trichter') auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, sind sie mit zwei völlig unterschiedlichen Etymologien zu verbinden. Letzteres könnte mit lat. pletria in Verbindung stehen (vgl. Ascoli 1877, 96).
(auct. Beatrice Colcuc)
pinguĕ(m) (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
*pinguia (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Manche Bezeichnungen weisen im Stamm eine so auffällige lautliche Ähnlichkeit auf, dass man ihre Zusammengehörigkeit kaum in Frage stellen kann:
- (1) roa. pigna, mit den Tonvokalvarianten [ɪ, e, ɛ, a] u.a.;
- (2) sla. pinja, ein offenkundiger Romanismus, da sich sein Verbreitungsgebiet an dasjenige von (1) anschließt;
- (3) roa. pinacc, eine suffigierte Form von (1);
- (4) roa. panaglia (mit Varianten des hier unbetonten, initialen Stammvokals, die den unter (1) genannten entsprechen); bei diesem Typ dominieren die Varianten mit dem unbetonten Stammvokal [a]
- (5) der auch im Standardita. bekannte Typ pignatta 'Topf' mitsamt seiner dialektal häufigen mask. Variante (vgl. AIS 973) ist ebenfalls zu (1) zu stellen; er ist zwar im VA-Gebiet eher in der Bedeutung 'Topf aus Terracotta' belegt (vgl. AIS 955), bezeichnet jedoch außerhalb des VA-Gebiets, nämlich in der Emilia-Romagna, ausdrücklich einen Topf, in dem durch Schlagen (mit einem Holzlöffel u.a.) kleinere Mengen von Butter hergestellt werden (vgl. AIS 1206, Punkte 427, 453, 455).
- latte di pigna BUTTERMILCH, d.h. wörtlich 'Milch aus dem Butterfass' (im Trentino).
Allerdings kann die für ita. pignatta vorgeschlagene Rückführung auf ita. pigna 'Pinienzapfen' (< lat. *pīnea[m]) – "prob. [...] per la somiglianza di forma delle più antiche pignatte con una pigna" – semantisch nicht überzeugen; zwar mag die konische Form mancher Terracotta- und auch Bronzetöpfe durchaus an Pinienzapfen erinnern (vgl. DELI). Aber ein für die Wortgeschichte entscheidender sachgeschichtlicher Hinweis lässt sich der bereits genannten AIS-Karte 955 LA PENTOLA (PIGNATTA) DI TERRACOTTA entnehmen: Sie enthält nämlich auch eine Liste mit Bezeichnungen des BRONZETOPFS (AIS 955_2), die insbesondere im alpinen Raum teilweise sekundär darauf übertragen wurden, da sie auf ein ganz anderes Material zur Herstellung von Kochtöpfen zurückgehen, nämlich auf den so genannten Speckstein, ita. steatite, laveggio, deu. auch Lavetz(stein) (vgl. AIS 963 Komm. LA MARMITTA, AIS 970 IL VASO PER LO STRUTTO) . Dieses vielseitig und wegen seiner geringen Härte vergleichsweise leicht nutzbare Material, das vor allem in den Tessiner und lombardischen Bergen abgebaut wurde, diente auch zur Fertigung von anderen Gegenständen, wie zum Beispiel von Öfen, die auf bündnerromanisch ebenfalls als pegna, roh. (engadinisch) pigna bezeichnet werden (HWdR, 571; LRC, 798; zu pigna, pegna 'Ofen aus Speckstein' vgl. AIS 937, Kommentar); diese Öfen sind übrigens "annähernd kubisch" (AIS 937, Kommentar) und haben nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Pinienzapfen.
Hier handelt es sich demnach um einen klaren Fall von metonymischer Polysemie (und nicht von Homonymie); pigna 'Ofen' und pigna 'Gefäss zum Butterschlagen' werden nach dem Material benannt, aus dem beide Dinge hergestellt wurden – dem Specksein. Es ist jedoch nicht unbedingt nötig, ein vorrömisches Etymon anzunehmen, wie Alexi Decurtins im LRC, 798) für bündnerromanisch pegna | pigna 'Ofen' vorschlägt, sondern formal käme als Etymologie durchaus das von G. B. Pellegrini vorgeschlagene *pinguia (zu lat. pĭnguis 'fett') in Frage – allerdings nicht elliptisch aus pinguia(m) (ollam) im Sinne eines 'Gefäßes (= lat. olla) für Fett' ("Recipiente particolare per conservare il grasso, fosse esso strutto, sugna, o burro cotto, oppure un arnese elementare per fare il burro" ([1976, S. 171 zit. DELI 928]), sondern im Sinne eines hinsichtlich seines Aussehens und seiner Konsistenz fettähnlichen Minerals bzw. Gesteins (vgl. analog motiviertes deu. Speckstein). Als Basistyp für (1)-(5) wird daher lat. *pinguia (petra) 'Speckstein' vorgeschlagen.
Die vielen Formen mit Stammvokal [ ɐ, a] zeigen eine starke und onomasiologisch naheliegende Beeinflussung durch das etymologisch zu trennende panna 'Rahm'. Nicht zu diesem Typ gehört dagegen
(6) lombardisch pench, roh. paintg 'Butter', die besser direkt auf pĭnguis 'fett' zurückgeführt wird (HdR). Bei
(7) roh. penn 'Buttermilch'
könnte es sich immerhin um eine Rückbildung auf Basis von pigna 'Butterfass' handeln. Die Buttermilch wird ja daraus abgelassen.
Das folgende Schema zeigt die Wortfamilie (grüne Pfeile) sowie die belegten Bedeutungen (rote Pfeile).
Im Hinblick auf die metonymische Motivation der Polysemie lässt sich also die Übertragung der Bezeichnungen vom natürlichen Rohstoff auf daraus hergestellte Artefakte zunehmender Komplexität (einfaches Gefäß -> mechanisches Gerät) und schließlich auf die damit verbundene Funktion feststellen.
(auct. Thomas Krefeld)
pischada (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
*pisiāre (lat) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Thomas Krefeld)
planina (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
*puína (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
Quark (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Mitteldeutsche Varietäten hatten das Wort aus dem Nordsorbischen twarog entlehnt und gelangten so auch ins Neuhochdeutsche. Im Mittelhochdeutschen ist es noch als twarc belegt (vgl. Kluge s.v. Quark; DWDS s.v. Quark).
(auct. Markus Kunzmann)
RAHM - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Möglicherweise beschreibt schon Herodot die Herstellung von Rahm durch die Skythen. Angeblich hätten diese Stutenmilch gerührt und die sich dabei oben absetzende Substanz, die bei ihnen die größte Wertschätzung besaß, abgezogen (4,2 ed. Godley ed. Loeb: ἐπεὰν δὲ ἀμέλξωσι τὸ γάλα, ἐσχέαντες ἐς ξύλινα ἀγγήια κοῖλα καὶ περιστίξαντες κατὰ τὰ ἀγγήια τοὺς τυφλοὺς δονέουσι τὸ γάλα, καὶ τὸ μὲν αὐτοῦ ἐπιστάμενον ἀπαρύσαντες ἡγεῦνται εἶναι τιμιώτερον, τὸ δ᾿ ὑπιστάμενον ἧσσον τοῦ ἑτέρου. τούτων μὲν εἵνεκα ἅπαντα τὸν ἂν λάβωσι οἱ Σκύθαι ἐκτυφλοῦσι· "Wenn sie gemolken haben, gießen sie die Milch in hohle hölzerne Gefäße. Sie stellen die blinden Sklaven ringsherum auf und lassen sie die Milch umrühren. Was dann obenauf steht, wird abgeschöpft. Diesen Teil halten sie für wertvoller als das, was sich unten absetzt. Deshalb nun blenden die Skythen, wen sie nur fangen." [Übers. J. Feix]). Sofern hier wirklich von Rahmherstellung die Rede ist, wird durch die fehlerhafte Prozedurbeschreibung und das Fehlen einer spezifischen Bezeichnung für das Produkt deutlich, dass Herodot weder den Vorgang noch das Erzeugnis kannte. Auch im weiteren Verlauf der Geschichte scheint der RAHM den alten Griechen unbekannt geblieben zu sein. Jedenfalls gibt es anscheinend keine altgriechische Bezeichnung für dieses Konzept (http://www.perseus.tufts.edu/hopper/definitionlookup?q=cream). Im Lateinischen existiert zwar eine Bezeichnung für den RAHM (http://www.zeno.org/Zeno/0/Suche?q=Sahne&k=Georges-1913), jedoch taucht die entsprechende Vokabel, crama erst sehr spät, im 6. Jh. n. Chr. bei Venantius Fortunatus, auf, so dass man davon ausgehen kann, dass auch im römischen Kulturkreis der RAHM und alle Folgeprodukte wie vor allem die Butter die längste Zeit keine Verwendung fanden oder zumindest nicht selbst hergestellt wurden.
(auct. Stephan Lücke)
(siehe Wikidata Q13228)
Retzel (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Markus Kunzmann)
SAUBOHNE, JUNG, GRÜN, MIT DEN SAMEN ESSBAR - Konzept (Auf Karte visualisieren)
Schmalz (gem) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
In der Bedeutung ‘Butter’ wurde Schmalz auch ins Alpenromanische entlehnt; vgl. lld. smàlz (EWD VI: 273-274).
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)
Schupf (gem.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Die früheste bekannte Nennung dieses Wortes findet sich im Gotischen als skuft in der Bedeutung von 'Haupthaar' (vgl. Kluge 2011, online s.v. Schopf), vgl. deu. Schopf. Später kam es zu einer Bedeutungserweiterung im Sinne von 'zu einem Haufen zusammengetragene Garben, Heu' (vgl. Kluge 2011, online s.v. Schober) bevor eine Bedeutungsübertragung auf das Gebäude stattfand, in dem die Ernte getrocknet und gelagert wird. Das Wort existiert in anderen germanischen Sprachen in ähnlicher Bedeutung, z.B. ang. scoppa (vgl. Köbler 2014b, s.v. scoppa), ang. scypen bzw. eng. (dialektal) shippen 'Stall' sowie eng. shop (vgl. DWB, s.v. Schuppen).
Im Alpenraum scheint nur das Slowenische diesen Worttyp für die Bezeichnung einer Scheune entlehnt zu haben (siehe Karte).
(auct. Markus Kunzmann)
SENNHÜTTE - Konzept (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
seracium (lat) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Dieser Basistyp geht auf eine spätlateinische Ableitung zur Bezeichnung des Zigers von lat. sěrum ‘Molke’ mit -aceus zurück, die in Oberitalien, Savoyen und in der Schweiz zu verorten ist. Erhalten ist der Basistyp vor allem im Frankoprovenzalischen und Okzitanischen. Aus *sēraceum ging frp. seraz hervor, was als sérac ins Französische einging. Die französische Schreibweise bewahrt das -c von *sēraceum einfach nur aus graphischen Gründen. Vom Französischen der Westschweiz wurde Rescherack ‘gesalzener Ziger’ ins Schweizerdeutsche entlehnt (vgl. FEW 11: 495; vgl. Idiotikon VI: 1642; vgl. TLFi: s.v. sérac).
(auct. Myriam Abenthum)
sidretg (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Auf Karte visualisieren)
*skūm (gem) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
Dieser Basistyp mit der Bedeutung ‘Schaum’ ist germanischen Ursprungs. Seine weitläufige Verbreitung weist auf Entlehnung aus dem Germanischen vor der Völkerwanderung hin. Ursprünglich bezeichnete das Wort eine Art Pomade, die die Römer von den Germanen kauften und von den Römern als spuma bezeichnet wurde (vgl. Martial 8, 33, 19f. [ed. Loeb]: fortior et tortos servat vesica capillos / et mutat Latias spuma Batava comas. "Stronger the net that keeps braided hair in place and the Batavian foam that dyes Latin tresses."; vgl. auch Plin. NH 28, 191, wo in diesem Zusammenhang von sapo/Seife die Rede ist). Bei Plinius wird das Wort aber auch zur Beschreibung von butyrum, wohl 'Butter', gebraucht (vgl. den Textauszug im Kommentar zum Konzept KÄSE). Deshalb liegt es nahe, das germanische Wort als Lehnübersetzung von lat. spuma zu sehen; durch den Kontakt mit dem lat. Ausdruck nahm germ. *skūm zu skuma auch das feminine Genus an. Daraus wurden dann fra. écume und ita. schiuma entlehnt. Das fro., frm. escume ist für das 12. Jahrhundert mit der allgemeinen Bedeutung ‘Schaum, der sich auf Flüssigkeiten bildet, wenn man sie schüttelt, erhitzt oder wenn sie gären’ belegt (vgl. FEW 17: 137-140). Die spezifische Bedeutung 'Rahm' scheint typisch alpin zu sein.
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld | Stephan Lücke)
skuta (sla.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Aleksander Wiatr)
*smelt-a- (gem) (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
„Sn std. (9. Jh.), mhd. smalz, ahd. smalz, mndd. smalt, smolt, mndl. smout Als ‛ausgelassenes Fett’ zu schmelzen. Verb: schmalzen; Adjektiv: schmalzig" (Kluge).
Es zeigt sich aber, dass das Substantiv ausschließlich im Niederländischen und Deutschen belegt zu sein scheint und weiterhin, dass alle im VA–Material erfassten Formen auf eben dieses Substantiv zurückgeführt werden müssen. Es wäre deshalb irreführend, als Basistyp einen rekonstruierten indogermanischen Verbalstamm anzuführen.
(auct. Thomas Krefeld)
sōlārium (lat) - Basistyp (Auf Karte visualisieren)
*sponga (* = rekonstruiert) - Basistyp (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum)
srasa (roa.) - Morpho-lexikalischer Typ (Zitieren) (Auf Karte visualisieren)
(auct. Myriam Abenthum | Thomas Krefeld)