Bibliothek und Forschung Hand in Hand (Zitieren)

Alexander Berg-Weiß | Stephan Lücke


(1335 Wörter)

 

 

Tandem Talk, gehalten von Alexander Berg-Weiß (ABW; Universitätbibliothek der LMU) und Stephan Lücke (SL; IT-Gruppe Geisteswissenschaften [ITG] der LMU) auf dem 111. deutschen Bibliothekartag (BiblioCon) in Hannover am 25.5.2023 (Ankündigung)

Leitfragen

Zeitplan: 20 Minuten pro Tandem (Vorstellung 12 Minuten; 8 Minuten Zeit für Fragen).

  1. Einführung: Worum geht es bei unserem Projekt, wer war beteiligt? (sehr kurz, nur zwei, drei Sätze)
  2. Wo liegt (oder lag) der Mehrwert in der Kooperation (aus beiden Perspektiven)?
  3. Warum ist die Kooperation gelungen (aus beiden Perspektiven)?
  4. Was war schwierig, herausfordernd? Welche Erwartungen werden noch nicht erfüllt?
  5. Wünsche: Was wäre das ideale Tandem für eine gelingende Kooperation?

Antworten auf die Leitfragen

1. Einführung: Worum geht es bei unserem Projekt, wer war beteiligt? (sehr kurz, nur zwei, drei Sätze)

  • Beteiligt: UB der LMU und die IT-Gruppe Geisteswissenschaften der LMU, eine die Geisteswissenschaften an der LMU unterstützende Einrichtung mit IT-Kompetenz (Digital Humanities).
  • Streng genommen handelt es sich nicht um ein Projekt, sondern um eine langfristige Kooperation. Die Kooperation hat sich aus dem konkreten Bedarf eines vollständig digital konzipierten Forschungsprojekts ergeben. Aus dem entsprechenden Pilotprojekt ist dann die langfristige Kooperation erwachsen, die auch institutionalisiert wurde (Einrichtung einer gemeinsam betriebenen FDM-Servicestelle für die Digital Humanities).

2. Wo liegt (oder lag) der Mehrwert in der Kooperation (aus beiden Perspektiven)?

  • Mehrwert aus Perspektive der ITG: UB ist verlässlicher, kompetenter Ansprechpartner für laufende und künftige DH-Projekte. Ganz wesentlich: dauerhafter Bestand der UB
  • Mehrwert aus der Perspektive der UB: ITG arbeitet direkt in Forschungs-Projekten mit und hat einen sehr guten Überblick über das was passiert. Sie fängt auch schon eine Reihe von Fragen ab und wirkt "normierend" auf die Projekte ein.  

3. Warum ist die Kooperation gelungen (aus beiden Perspektiven)?

  • Kurze Wege, persönlicher Kontakt; Vorhandensein technischer, personeller und infrastruktureller Kapazitäten; regelmäßiger Austausch
  • Dieselben Ziele und ein ähnliches Wertesystem. Kein "Kompetenzgerangel" da beide Seiten einen klaren Auftrag haben und dieser sich nicht überschneidet. 

4. Was war schwierig, herausfordernd? Welche Erwartungen werden noch nicht erfüllt?

  • Es gab/gibt keine grundsätzlichen Probleme. Operativ ist die Übertragung von Projektdaten samt Metadaten in die Repositorien der UB die größte Herausforderung gewesen.
  • Probleme gab es keine. Dennoch lösen sich die generellen Herausforderungen eines FAIREN Datenmanagements nicht in Luft auf. Begrenzend wirkt hier vor allem die sehr limitierten Ressourcen. Durch die Kooperation sind wir trotzdem in der Lage einen guten Service anzubieten. 

5. Wünsche: Was wäre das ideale Tandem für eine gelingende Kooperation?

  • Das ideale Tandem ist das jetzt existierende – ITG als Mittler zwischen Wissenschaftlern und UB; UB als Bewahrungs- und Metadatenspezialist; stetige Weiterentwicklung der Kooperation durch regelmäßigen Austausch
  • Es wäre wünschenswert wenn es mehr solche Tandems geben würde. Als weiterer Entwicklungschritt wird in kürze eine zentrale FDM-Plattform online gehen und die Formalisierung der Kooperation angestrebt.

Kurzvorstellung

Alexander Berg-Weiß: Leitung der Abteilung "Digitale Dienste" an der UB der LMU

Stephan Lücke: Stellvertretender Leiter der ITG der LMU und einer der beiden Leiter des DFG-Langfristvorhabens VerbaAlpina.


SL:

  • Die ITG: Was ist das?

UB und ITG im Kontext der Organisationsstruktur an der LMU (CC BY-SA Stephan Lücke 2023)

  • ITG:
    • fakultätsübergreifende Einrichtung mit unbefristeter Existenzperspektive
    • dem wissenschaftlichen Bereich zugeordnet, getragen und finanziert von den 6 geisteswissenschaftlichen Fakultäten
    • Mai 2023: 7 unbefristete Stellen, davon 5 Wissenschaftler und 2 Techniker
    • wechselnde Anzahl drittmittelfinanzierter Projektmitarbeiter (derzeit 10, anteilig in mehreren Drittmittelprojekten beschäftigt)
    • Gesamtpersonalkapazität Mai 2023: 15,5 Vollzeit-Aequivalente.
    • Eine der zentralen Aufgaben der ITG: Konzeptionelle und praktische Unterstützung bei Planung und Durchführung von Forschungsprojekten, die mit digitalen Methoden durchgeführt werden.
  • Projekt VerbaAlpina
    • DFG-Langfristvorhaben (2014-2023)
    • Interdisziplinäres Projekt der Digital Humanities (DH)
    • VOLLSTÄNDIG DIGITAL KONZIPIERT – kein Papier

Grundkonzept von VerbaAlpina

    • Projektziel: Letztlich ein großes, elektronisches, interaktives Lexikon mit Fokus auf dem Alpenraum und die spezifische dortige Lebenswelt. Sehr großer, stark strukturierter Datenbestand, hochgranular

Forschungsdatenmanagement im Projekt VerbaAlpina (CC BY-SA Stephan Lücke 2022)

ABW:

  • Bib: Digitale Dienste

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ABW: Ein Bild von der Abschlussvorlesung von Thomas Krefeld

CC BY-SA Thomas Krefeld 2022

  • Früher wurden die Forschungsergebnisse automatisch in Form eines Buches in die Bibliothek gebracht
  • Heute wird Forschung und deren Ergebnisse ins Internet gestellt

SL: Nicht monolateral

  • Rolle der ITG: Ansprechpartner für Wissenschaftler aus den Geisteswissenschaften, die digitale Methoden in ihrer Forschung einsetzen wollen
  • Kompetenzbündelung: Stabiler Personalstamm sammelt seit Jahrzehnten Erfahrungen => Best practice Empfehlungen
  • Filterfunktion: Wissenschaftler wenden sich nicht direkt an die UB, sondern zunächst an die ITG => 
    • Nicht bei null beginnen
    • Entwicklung von Standardprozeduren
    • Einheitlichkeit

ABW: Sonderrolle mit ITG an der LMU

  • Einzelfall an der LMU, sollte allerdings Schule machen
  • Hilft der UB ungemein

ABW: Wie fand der erste Kontakt statt?

  • Punktuell auf verschiedenen Ebenen
  • Gemeinsame Förderprojekte

SL:

  • Sehr organische Entwicklung, Konsequenz aus den FAIR-Prinzipien
  • Aufgabe, nachhaltig zu bewahren, verfügbar und nachnutzbar zu machen => logisch
  • Vorteilhaft und naheliegend: Lokale, kompetente und verlässliche Ansprechpartner mit unbefristeter Existenzperspektive => UB

SL: Neue Herausforderung in den DH:

  • Paradigmenwechsel durch Digitalisierung und Vernetzung => Paradigma des Buches nur bedingt anwendbar. Echte Herausforderung: Vernetzung und elektronisch/digital
  • Projekte und Daten können nicht mehr isoliert betrachtet werden, da sie auch im technischen Sinn Teil eines größeren Ganzen werden
  • Teil eines größeren Ganzen => Parallel zur inhaltlichen Vernetzung Entstehung und Etablierung einer institutionellen Vernetzung: Von UB und ITG gemeinsam betriebene "Servicestelle FDM-DH"

Teil 1 des Workflows im Rahmen des FDM-Beratungsprozesses durchgeführt durch die Servicestelle FDM-DH an der LMU (für eine vollständige Dokumentation des Workflows s. https://zenodo.org/record/5031603)

Ticketsystem der Servicestelle FDM-DH der LMU für individuelle Beratungen zum Forschungsdatenmanagement (Stand Frühjahr 2022)

SL: Liefern Lösungen, die wie wir für "gut" halten. "Gut" ist letztlich alles, was möglichst einfach, effizient und verlässlich die Einhaltung der FAIR-Kriterien garantiert. –

Ganz wesentlich auch: Nutzung/Bedienung projektübergreifend bestehender bzw. sich entwickelnder Standards! Hier ist eine Beobachtung der gesamten "Landschaft" unerlässlich! Metadaten spielen in diesem Kontext eine sehr große Rolle. In puncto Metadaten wiederum hat die UB einen sehr guten Überblick, gerade auf Projektseite bestehen bisweilen diesbezüglich Defizite (und ggf. auch Vorbehalte, da mit Metadaten notwendig der Zwang zur Einhaltung von Standards einhergeht, die mit den spezifischen Forschungs- und Erkenntnisinteressen eines Projekts nur bedingt kompatibel sind. Die Lösung in solchen Fällen sind meist Schnittstellen/Mappings). 

ABW: Gemeinsame gute Lösungen finden

  • einfach
  • pragmatisch
  • skalierbar

SL: Eher gemischte Erfahrungen mit FDM-Drittmittelprojekten

  • VerbaAlpina war bzw. ist aktiv, teils als Pilotprojekt, an verschiedenen drittmittelgeförderten Forschungsprojekten im Bereich des Forschungsdatenmanagements beteiligt
  • FDM im Projektformat erscheint widersinnig => Dauerhaftigkeit zentral und unerlässlich
  • Wichtig: Persönlicher Kontakt, der stabil und langfristig ist (selten wechselnde Ansprechpartner!)
  • Aus Sicht der ITG: Nicht nur ein Projekt sondern 80+ Projekte => Dauerhafte Aufgabe

ABW: Konkrete Produkte

  • Servicestelle mit Lifecyclemanagement
  • Etablierte Workflows (dokumentiert und veröffentlicht) orientiert am LifeCycle der Forschung
  • DH Datenzentrum
  • Policies für DH
  • Was ist unterstütze Software?
  • Gemeinsame Anträge

Mögliche weitere Punkte

  • Wie sieht ein Erstberatungsgespräch aus?
  • Welche Themen werden zwischen UB und ITG besprochen?
  • Welche Erfahrungen machen die Mitarbeiter*innen der beteiligten Bibliotheken?
  • Welche Erfahrungen machen die beteiligten Wissenschaftler*innen?
  • Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit diese Zusammenarbeit erfolgreich wird?
  • Wie sehen gelingende Kooperationen konkret aus?


Zusatzinformationen

Aktuell von der ITG im Rahmen von Drittmittelfinanzierungen unterstützte Projekte

Sprachwissenschaften (5)

  • IDK Philologie (Internationales Doktorandenkolleg (IDK) Philologie: Praktiken vormoderner Kulturen, globale Perspektiven und Zukunftskonzepte im Elitenetzwerk Bayern)
  • ORDA16 (Online-Repertorium Deutsche Antikenübersetzung 1501–1620)
  • VerbaAlpina (Der alpine Kulturraum im Spiegel seiner Mehrsprachigkeit)
  • DPEWA – Digitales Philologisch-Etymologisches Wörterbuch des Altalbanischen“ (15.-18. Jh.)
  • Strandasögur – Erzählen am Ende der Zivilisation (Kartierung, Kontextualisierung und Analyse von landschaftsbezogenen Erzähltraditionen in den isländischen Westfjorden, Nordistik)

Theaterwissenschaften (4)

  • Theamed – (relational database listing performing arts recordings and related fields)
  • T-Migrants – Crossing Borders: The Agency of Nineteenth-Century European Theatre Migrants
  • Amateur Theatre Wiki
  • Krisengefüge der Künste (Institutionelle Transformationsdynamiken in den darstellenden Künsten der Gegenwart)

Infrastruktur/DH (3)

  • eHumanities – interdisziplinär (Erarbeitung von Best-Practice-Empfehlungen zum Forschungsdatenmanagement für die digitalen Geisteswissenschaften, gefördert vom Bayerischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst)
  • DHVLab (Digitale Lehr- und Forschungsinfrastruktur für die Geisteswissenschaften; LMUExcellent)
  • Studi.DH (Service- und Beratungsstelle für studentische Forschungsprojekte in den Digital Humanities [DH]; Infoseite)

Theologie (2)

  • Paratexts of the Bible (Informationen über Texte und Paratexte in griechischen Bibelhandschriften)
  • Rota romana (Online-Suche für die Judikatur der Römischen Rota)

Geschichte (1)

  • Mira 2.0 – "Mapping" des Kulturerbes: Deutsche emigrierte Rabbiner und ihr Vermächtnis (DFG-SPP "Jüdisches Kulturerbe")

Kunstgeschichte (1)

  • PLAFOND-3D: Eine Verflechtungsgeschichte der Deckenmalerei in Frankreich und Deutschland 1600-1800 (Deutsch-Französisches DFG-ANR Projekt)

Gesamtanzahl laufender Projekt: 16


Forschungsdatenmanagement – Beispiele

GeldKunstNetz. Rechnungsbücher der Stettin-Danziger Kaufmannbankiersfamilie Loitz: Live System => OpenData LMU => UB Discover

VerbaAlpina: Live System => UB Discover